Der Herbst ist ja immer so eine Sache. Für die einen der Ausgang aller Melancholie – und ein offizieller Grund, mal wenigstens einmal im Jahr ohne Scham so richtig melancholisch sein zu dürfen und die Vergänglichkeit zu betrauern (und ja, auch kenne dieses Gefühl…!), ist er für die anderen eine Quelle von Farbenexplosionen, dem Gefühl von Gemütlichkeit, das sich langsam wieder einstellt, der offiziellen Erlaubnis, endlich wieder mehr Zeit drinnen verbringen zu dürfen und Erholung nach manchen heißen Sommertagen. (Und ja, auch das kenne ich…!)

rot-orange glühende Strauchblüten

Dieser Herbst

Ich muss gestehen, dass ich ihn dieses Jahr ziemlich genieße, den Herbst. Obwohl ich ihm immer etwas zwiegespalten gegenüberstehe, bin ich heuer extrem fasziniert und beeindruckt von all der langsamen Verwandlung und Leuchtkraft. Wie die Bäume sich tatsächlich in ein Gewand aus Gelb-Rot-Orange- Rotbraun kleiden und um die Wette strahlen. Irgendwie hat es den Eindruck, als ob der Herbst dieses Jahr besonders langsam vorangeht und alles genüsslich in die Länge zieht. Wenn ich an andere Jahre denke, in denen gefühlt schon im September fast alle Blätter von den Bäumen fielen und von Farbe nicht viel zu sehen war außer viel Braun, dann gerate ich heuer jedes Mal wieder in ehrfürchtiges Staunen, wenn ich aus dem Fenster schaue oder draußen unterwegs bin – und ich könnte die ganze Zeit irgendetwas fotografieren! Der Begriff „Indian Summer“, den man oft ja eher aus nordamerikanischen Gefilden kennt, nimmt dieses Jahr eine ganz andere Bedeutung an und ein leises Verstehen dessen, was damit gemeint sein könnte, stellt sich fast schon ehrfürchtig ein.

leuchtend oranges Herbstblatt im Gras
Blattleuchten

Reifezeit

Was für ein schönes Geschenk! Was für ein eingehender Abschied der Natur, die sich noch einmal in volle Schale schmeißt, bevor sie in „die Ruhe einkehrt“. Ich bin ja an sich eher ein Frühlingsmensch, der die Aufbruchsstimmung und das Erwachen liebt. Aber je älter ich werde, desto mehr finde ich Gefallen auch am Herbst. Von Natur aus melancholisch veranlagt, habe ich mich früher eher schwer getan mit diesem Gefühl des Vergehens und des Abschieds und des „Schon-wieder-einJahr-vorüber“. Inzwischen kann ich gut einmal in der Melancholie verharren, ohne gleich in tiefste Tiefen gezogen zu werden – und nun darf auch der Herbst neue Formen für mich annehmen… (Ob das auch etwas damit zu tun hat, dass mein Mann schon immer ganz vernarrt in die herbstliche Jahreszeit ist…? 😉 ) Ich lebe nicht mehr im Frühling meines Lebens und bei manchem Bedauern diesbezüglich, stellt sich doch auch die eine oder andere Erkenntnis ein, dass „Reifezeit“ etwas durchaus Positives ist und nicht immer alles jung und knackig sein kann. Nun ja, zumindest nicht in allen Bereichen…

Herbst des Lebens

Ich sehe mich selbst noch im Sommer meines Lebens. Sagen wir mal, der Juni ist vorbei, es steht alles in voller Blüte und die eine oder andere Beere ist schon erntefertig… Ich weiß, dass es auf den Herbst zugeht, langsam, irgendwann. (An den Winter denken wir jetzt mal dann doch noch nicht). Aber – es kann ja auch erfrischend sein, wenn es nicht mehr durchgehend heiß ist, wenn ich nicht immer draußen, unterwegs sein und auf jeder Hochzeit tanzen muss, wenn ich mich auch mal – offiziell -zurückziehen darf, ohne mir eine Begründung zu überlegen, wenn ich plötzlich vieles erntereif vorfinde und mich an den bunten, weitleuchtenden Farben erfreuen darf, ohne dafür aktiv werden zu müssen…? (Denn mein sommerliches Blumenbeet braucht die eine oder andere Zuwendung…)
Keine Ahnung, der Herbst des Lebens muss ja nicht in allen Belangen und durchgehend so sein. Es gibt so viele Aufbrüche – auch gerade dann. Aber ein kleines Stück Wahrheit findet sich sicherlich, das zeigt uns allein unser Körper, der sich mit den Jahren wandelt und mitunter anderes braucht als zu Frühlingszeiten.

knallrote Weinblätter an Mauer

Bleib neugierig!

Jetzt stehe ich noch im Sommer. 🙂 Und das ist gut so. Und darf noch ein Weilchen so bleiben. Aber – ich darf gespannt sein auf das, was kommt. Und muss mich nicht fürchten vor Melancholie, grau-nebligen Herbsttagen oder gar manchem herbstlichen Sturm. Denn – schau dich um! Es ist soo schön! So voller Fülle! Fülle, die die Natur einfach so gibt, verschwenderisch, weitausstreckend. Dafür muss ich kein Beet beackern. Es leuchtet mir von allen Seiten entgegen.

Ich möchte dir Mut machen. Egal, in welcher Jahreszeit du gerade stehst. Genieße den Moment. Und freu dich auf das, was noch kommt. Auf das, was Gott mit dir noch vorhat. Bleib neugierig. Und offen. Manches wird sich wandeln, ja. Aber muss es deshalb schlechter sein?

Und noch was. Wir bleiben beim momentanen Herbst in der Natur, die sich langsam winterfertig macht. Was bietet dir persönlich diese Zeit? Vielleicht ist sie ein Anfang für Zeit zum Ausruhen, Runterkommen, die Familie in den Fokus stellen, den Blick mal nach innen wenden… Ein farbenfroher Anfang mit viel Genuss.

Hm, tja, also ursprünglich wollte ich ja heute vom Scheitern schreiben. Und was ist nun daraus geworden? Wohl eher, so wie ich hoffe, eine kleine Ermutigung, die sich fast unbemerkt und automatisch ihren Weg durch die Tastatur gebahnt hat. Für’s Scheitern gibt es heute keinen Raum. Du siehst, es ist immer alles möglich. 🙂

Mach es dir heute gemütlich! Und schau mal raus! Ist es nicht wundervoll?

Danke für deine Zeit.

Sei gesegnet.

rot-orange leuchtender Bläterstapel
Wunderfeuer

Herbstliche Gedanken
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